Was passiert mit dem frischen Trinkwasser, dass Sie zum Duschen oder Waschen ihrer Kleider nutzen? Normalerweise läuft es zusammen mit dem Abwasser aus dem Klo, sogenanntem Schwarzwasser, und Regenwasser in die Kanalisation. Im Klärwerk wird es dann gereinigt und ins Gewässer entlassen, in Hamburg in die Elbe. Nicht so im Quartier Jenfelder Au, in dem wir neue Formen der Abwassertrennung ausprobieren.
In den Haushalten in der Jenfelder Au wird Grauwasser vom Schwarzwasser getrennt und gesondert in einer Aufbereitungsanlage behandelt. Weil es nicht mit Fäkalien in Berührung kommt, ist es vergleichsweise gering verschmutzt. Trotzdem enthält es natürlich Schadstoffe, die entfernt werden müssen: Spuren von Diclofenac zum Beispiel, einem medizinischen Wirkstoff der unter anderem in Schmerzgels verwendet wird, Phosphate, Tenside oder Mikroplastik, die etwa über Reinigungsmittel ins Abwasser gelangen.
So wird Grauwasser Brauchwasser
Um das Grauwasser zu reinigen, nutzen wir eine zweistufige Aufbereitung: In der ersten Stufe klären wir das Abwasser mit einer biologischen Behandlung mit einem Festbettbioreaktor. Dort bildet sich Schlamm, in dem Mikroorganismen Schmutzstoffe entfernten. Anschließend gelangt das Wasser in eine Spezialfilteranlage mit Ultrafiltrationsmembran, in der die noch verbliebenen Mikroschadstoffe entfernt werden.
Übrig bleibt Wasser, das zwar kein Trinkwasser ist, aber das alle Anforderungen an Brauchwasser erfüllt und bedenkenlos genutzt werden kann, um beispielsweise den Spülkasten einer Toilette zu befüllen oder um eine Grünfläche zu wässern.
Das Brauchwasser geben wir an den benachbarten Gewerbehof weiter. Hier wird es in einer Zisterne zwischengespeichert, die auch überschüssiges Regenwasser sammelt. Ziel ist es, in erster Linie das Regenwasser vor Ort wiederzuverwenden, daher erproben wir im Projekt ein Modul, das Regenwasser bei der Nutzung Vorrang gewährt. Die Steuerungstechnik erkennt, wenn der Zustrom von Regenwasser nachlässt und schaltet ab einer bestimmten Füllmenge auf Grauwasser um.
Wieviel Trinkwasser wird eingespart?
Allein die Toilettenspülung macht rund 27 Prozent des täglichen Trinkwasserverbrauchs aus, hinzu kommt die Ersparnis des Trinkwassers, das ansonsten für die Gartenbewässerung genutzt würde.
Je nach Rahmenbedingungen können solche Konzepte kommunalen Wasserversorgern in ganz Deutschland helfen, etwa bei der Vorbeugung von Nutzungskonflikten. Denn gerade im Falle längerer Trockenzeiten im Sommer steigt der Trinkwasserbedarf phasenweise massiv an. "Gut 63 Prozent des häuslichen Wasserbedarfs sind saisonabhängig", erklärt unser technischer Geschäftsführer Ingo Hannemann. Mit der Zunahme an begrünten Dächern und Fassaden in der Stadt wird die Nachfrage im Sommer weiter ansteigen, der Druck auf Versorgungssysteme und Grundwasserressourcen steigt.
Das Projekt GRE-Y ist deutschlandweit das erste Projekt, in dem ein städtisches Wasserunternehmen mit einem privaten Gewerbeparkbetreiber ein kombiniertes Regen- und Grauwasserrecycling umsetzt. Es ist zunächst auf fünf Jahre angelegt und wird durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gefördert.
Die Ergebnisse teilen wir mit der Wasser- und der Wohnungswirtschaft, um ihre Übertragbarkeit und mögliche Skalierungseffekte bestmöglich abzuschätzen. Ingo Hannemann: „Das Wasserrecycling könnte sich als Kernelement für die wassersensible Stadtentwicklung der Zukunft entwickeln – nicht nur in Hamburg.“
Förderung
Die DBU fördert dem Stiftungsauftrag und dem Leitbild entsprechend innovative, modellhafte und lösungsorientierte Vorhaben zum Schutz der Umwelt unter besonderer Berücksichtigung der mittelständischen Wirtschaft. Das Projekt GRE:Y wird durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gefördert.
Abwasser neu denken – HAMBURG WATER Cycle
Mit dem HAMBURG WATER Cycle entwickeln wir seit 2005 einen Baustein im klimaresilienten, urbanen Wasserkreislauf: die konsequente Trennung der Stoffströme für eine kreislauforientierte Abwasserwirtschaft. Wie Grauwasser, Schwarzwasser und Regenwasser im Quartier im Kreislauf gehalten werden können?