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Wasserreport 2024: Mehr als 100 Jahre nicht so viel Regen

Warm, regenreich und gut fürs Grundwasser: Für unseren Wasserreport 2024 haben wir uns das hydrologische Jahr 2023/24 einmal ganz genau angeschaut.

Autor des Inhalts: HAMBURG WASSER. Datum der Veröffentlichung:

Wer über das Wetter informiert, spricht am liebsten über die Extreme – und in diesem Sinne hatte das abgelaufene hydrologgische Jahr vor allem eines zu bieten: sehr viel Regen. In der DWD-Wetterstation Hamburg-Fuhlsbüttel sammelten sich von Anfang November 2023 bis Ende Oktober 2024 knapp 1.050 Millimeter Niederschlag. Umgerechnet heißt das: rund 1.050 Liter Regen pro Quadratmeter. Wie viel Regenwasser das ist, macht ein Blick in die Historie deutlich: Im sehr trockenen Jahr 2018, in dem ein heißer und langer Sommer das Wettergeschehen in Norddeutschland beherrschte, kam mit rund 550 Litern pro Quadratmeter in Hamburg gerade einmal die Hälfte der Regenmenge herunter. 

Info

Neujahr im November

Das hydrologische Jahr, das auch Abflussjahr oder Wasserwirtschaftsjahr genannt wird, weicht vom Kalenderjahr ab. Es beginnt am 1. November und endet am 31. Oktober des Folgejahres.

Zuletzt gab es 1916 mehr Niederschlag

Wer eine höhere gemessene Niederschlagssumme als 2024 finden möchte, muss in das hdydrologische Jahr 1916 zurückgehen: Während des Ersten Weltkriegs wurden in Hamburg über 1.100 Liter pro Quadratmeter aufgezeichnet. Seit Beginn der Wetteraufzeichnung im Jahr 1881 hat es in Hamburg sonst nicht mehr so viel geregnet. Nach tendenziell eher trockenen Jahren zwischen 2009 und 2021 ist das eine gute Nachricht für die Grundwasserstände, die weiter steigen. 

Auch der Sommer war feucht

Mit Werten weit über dem langjährigen Mittel war vor allem das für die Grundwasserneubildung relevante Winterhalbjahr richtig nass, siehe Grafiken rechts. In der kalten Jahreszeit wird Regenwasser weniger von der Vegetation beansprucht, verdunstet nicht so stark und kann damit in großen Mengen in den Boden eindringen. 

Auch das hydrologische Sommerhalbjahr war feucht, wenn auch nicht so extrem: Über die Monate Mai bis Oktober fiel rund zehn Prozent mehr Regen als im Mittel der Referenzperiode von 1991 bis 2020. Die längste trockene Periode im Sommer lag zwischen dem 6. und dem 17. Mai – und sorgte für braune Rasenflächen in der Stadt. 2023 2024 Rund zwei Wochen litten Pflanzen unter Trockenstress mit einer Bodenfeuchte von weniger als 30 Prozent in 20 Zentimetern Bodentiefe. 

Im Vergleich zu den Vorjahren sind Trockenphasen damit in diesem Jahr deutlich weniger häufig und intensiv ausgefallen als in den vorhergegangenen: 2023 war vom 23. Mai bis zum 16. Juni kein Tropfen Regen in Hamburg gefallen, der trockene Boden erholte sich auch im heißen Juli damals nicht. Insgesamt war das hydrologische Jahr tendenziell warm, vor allem die Monate Februar, März und Mai. Die 39 Sommertage mit Temperaturen von mindestens 25 Grad verteilten sich vor allem auf Mai, Juli, August und September. An fünf Tagen kletterte das Thermometer über 30 Grad, zum Beispiel am 27. Juni, gefolgt von Gewitter und heftigem Starkregen.

Grundwasser füllt sich

So nass war es seit 100 Jahren nicht mehr – und das zeigt sich auch im Boden: Mit kleinen Ausreißern im eher trockenen März und im Mai, in dem es elf Tage am Stück nicht geregnet hat, liegt die Bodenfeuchte konstant und teils deutlich über dem langjährigen Mittel der Referenzperiode von 1991 bis 2020. 

Einmal im Boden angekommen entnimmt die Vegetation ein Teil des Niederschlags über die Wurzeln. Der Rest sickert den langen Weg durch verschiedene Boden und Gesteinsschichten, ehe er als Grundwasserleiter die unterirdischen Gesteinsschichten auffüllt. Auf seinem Weg in den Untergrund wird das Wasser auf natürliche Weise gereinigt: biologisch durch den bakteriellen Abbau organischer Inhaltsstoffe, mechanisch durch das Versickern in Sandschichten, die wie feine Filter wirken, sowie chemisch-physikalisch durch die Reaktion mit den Bodenmineralien. 

Aus der Tiefe in den Hahn 

Der versickernde Niederschlag benötigt oft viele Jahre, bis er tiefer liegende Schichten erreicht. Aus Brunnen, die bis zu 410 Meter in die Tiefe reichen, fördern wir die kostbare Ressource und bereiten sie im Verbund von 17 Wasserwerken schonend auf. Als frisches Trinkwasser sprudelt sie täglich bei rund 2,2 Millionen Menschen im Versorgungsgebiet aus dem Hahn. 

Für eine nachhaltige Bewirtschaftung unserer Grundwasserressourcen ist die Balance zwischen Trinkwasserproduktion und Grundwasserneubildung dabei Basis unseres Handelns: Um die Versorgung mit Trinkwasser aus Grundwasser langfristig zu sichern, entnehmen wir nur einen Teil des sich jährlich neu bildenden Grundwassers für die Trinkwasserproduktion.

Aufwärtstrend in den Ganglinien sichtbar

Damit neues Grundwasser entsteht, müssen Regen und Bodenbeschaffenheit zusammenspielen. Daher beobachten wir an 36 Regenschreibern nicht nur das Wetter, sondern schauen mit rund 1.400 Grundwasser-Messstellen kontinuierlich tief unter die Erde. Drei dieser Messstellen aus dem Versorgungsgebiet von Hamburg haben wir exemplarisch ausgewertet. 

Die drei Ganglinien geben die Entwicklung der Grundwasserstände über die Zeit wieder. Allerdings funktionieren sie nicht wie die heimische Regentonne: Grundwasserleiter sind hydraulisch komplexe Systeme mit lokalen und regionalen Unterschieden. Die Grundwasserstände in diesen Leitern unterliegen natürlichen Schwankungen, die im Jahresverlauf erheblich sein können, und reagieren auch unterschiedlich schnell auf Witterungseinflüsse. Generell gilt: Je tiefer ein Grundwasserleiter im Untergrund liegt, desto länger ist üblicherweise die Reaktionszeit auf Regengeschehen oder längere Trockenphasen.

Die Grundwassermessstelle SEM4/2 bei Neugraben-Fischbek. Die dunkle blaue Linie zeigt das aktuelle hydrologische Jahr, die helle das Monatsmittel von 1991 bis 2020, unten ist die tatsächliche Entwicklung der vergangenen 30 Jahre zu sehen.

Verzögerung je nach Tiefe

Flache Grundwasserleiter reagieren teilweise innerhalb weniger Wochen auf Witterungseinflüsse. Das zeigt sich auch in unserer Ganglinie der Messstelle SEM4/2 bei Neugraben-Fischbek. Erkennbar ist dort vor allem der nasse Dezember, der sich noch im Januar in den Wasserständen bemerkbar macht, die ansonsten im gesamten Jahr auf dem Niveau des langjährigen Mittels von 1991 bis 2020 liegen. Der nasse Winter 2023 ist als Aufhöhung auch im langjährigen Zeitraum zu erkennen. 

Beim Blick auf die Ganglinie seit 1990 zeigt sich ein jahreszeitliches Auf und Ab mit überdurchschnittlichen Wasserständen von etwa 2001 bis 2008 und niedrigen Werten Mitte der Neunziger Jahre und 2018 bis 2022. Auch in der Ganglinie des ausgewählten mitteltiefen Grundwasserleiters (Messstelle N11.2) im Wittmoor nördlich von Hamburg zeigt sich der nasse Dezember, allerdings mit Verzögerung bis in den April hinein. 

Klimawandel sorgt für nasse Winter

Der deutlichste Aufwärtstrend zeigt sich an der Messstelle HL36.2 bei Schneverdingen in der Lüneburger Heide. Im Jahresverlauf kommt das nasse Wetter langsam im Grundwasserleiter an. 

Die Grundwassermessstelle HL36.2 bei Schneverdingen in der Lüneburger Heide. Die dunkle blaue Linie zeigt das aktuelle hydrologische Jahr, die helle das Monatsmittel von 1991 bis 2020, unten ist die tatsächliche Entwicklung der vergangenen 30 Jahre zu sehen.

Am Ende des Jahres hat sich der Wasserstand wieder auf dem langjährigen Monatsmittel eingependelt. In der langjährigen Betrachtung seit 1990 wirken sich die wiederholt trockenen Jahre seit etwa 2013 auf die tiefsten Grundwasserstände seit Beginn der 90er-Jahre aus. Nachdem wir im vergangenen hydrologischen Jahr bereits feststellen konnten, dass sich der Druck auf die Ressource verringert, können wir im zweiten nassen Jahr in Folge nun deutlichere Aufwärtstendenzen feststellen. 

Der Klimawandel wird diesen Effekt in Zukunft voraussichtlich noch verstärken: Klimamodelle prognostizieren, dass trockene und heiße Tage im Sommer zunehmen und sich die Niederschläge in das Winterhalbjahr verlagern, das für die Grundwasserneubildung besonders wichtig ist. Dann, wenn Regenwasser weniger von der Vegetation beansprucht wird oder verdunstet, wird es gemäß der Klimamodelle in Zukunft also tendenziell mehr Regen geben. Dementsprechend ist mittelfristig nicht mit einem Absinken der Grundwasserstände unter das bisherige Niveau zu rechnen.

Der Wasserreport 2024 Download

Kurz vor Jahresende ziehen wir bei HAMBURG WASSER schon Bilanz – und zwar zum hydrologischen Jahr 2023/2024. In den Wasserreport fließen Niederschlags-, Grundwasser-, Witterungs- und Wasserverbrauchsdaten von November 2023 bis Oktober 2024 ein. So können wir subjektiv empfundene Wetterextreme in einen objektiven, langjährigen Kontext bringen. 

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